Im März 2018 hat der OGH entschieden, dass eine Videoüberwachung, die auch Teile des Grundstücks des Nachbarn erfasst, nicht das schonendste Mittel zur Erreichung des Zwecks der Überwachung des eigenen Grundstücks ist. 

Nachbar sah sich Überwachungsdruck ausgesetzt

Die Streitteile sind Eigentümer benachbarter und bebauter Grundstücke und es gibt zwischen ihnen seit einigen Jahren Nachbarschaftsstreitigkeiten. Da in der Vergangenheit Abfall, Erde und Glasscherben auf das Grundstück der beklagten Nachbarin geworfen worden sei, habe sie Videokameras durch einen Fachunternehmer installieren lassen. Diese ermöglichten es ihr, ihr Grundstück permanent zu überwachen, indem die Kamerabilder auf das Fernsehgerät in ihr Wohnzimmer übertragen werden. Jene Bildteile, die Nachbargrundstücke und auch das Grundstück des Nachbarn betreffen, sind verpixelt. Der sich beeinträchtigt fühlende Nachbar klagte kurz nach Montage der Kameras, da er sich einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt sah. 

OGH drehte die Entscheidung der Vorinstanzen um

Das Erstgericht als auch das Berufungsgericht wiesen das Klagebegehren ab. Der OGH drehte die Entscheidung um und gab dem Klagebegehren statt. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bejaht auch dann, wenn die Überwachungskamera nicht an ein Betriebssystem angeschlossen und bislang auch nicht in Betrieb gewesen war, den Anspruch des klagenden Nachbarn auf Abwehr von Eingriffen in seine Privatsphäre.  

Geheime Bildaufnahmen im Privatbereich und fortdauernde unerwünschte Überwachungen stellen eine Verletzung der Geheimsphäre dar.

Im Zusammenhang mit Videokameras bzw. (nicht als solche erkennbaren) Videokameraattrappen wurde auch schon ausgesprochen, es sei entscheidend, dass Nachbarn/Hausbewohner durch vermeintliche Überwachungsmaßnahmen nicht gestört oder belästigt werden. Muss sich ein solcher immer kontrolliert fühlen, wenn er das Haus betritt oder verlässt oder sich in seinem Garten aufhält, bewirken Überwachungsmaßnahmen, selbst wenn das Gerät nur eine Attrappe einer Videokamera sein sollte, einen Eingriff in die Privatsphäre. Es geht maßgeblich nicht darum, ob die Überwachung auch aufgezeichnet wird, weil es bereits eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Privatsphäre (Geheimsphäre) darstellt, wenn sich ein Betroffener durch die Art der Anbringung und den äußeren Anschein einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt fühlt. 

Die Verpixelung von Teilen der von den Videokameras erfassten Bereiche außerhalb des Grundstücks der Beklagten tritt hingegen nur am Bildschirm im Wohnzimmer der Beklagten in Erscheinung und ist daher für einen unbefangenen, objektiven Betrachter von außen nicht erkennbar.

Dem Kläger ist unter diesen Umständen die begründete konkrete Befürchtung zuzugestehen, dass er sich im Überwachungsbereich befindet und von den Aufnahmen erfasst wird. Aufgrund des eskalierenden Nachbarschaftsstreits ist darüber hinaus auch eine konkrete Eingriffsgefahr zu bejahen. Deshalb ist auch ein Eingriff in seine Privatsphäre durch bestehenden Überwachungsdruck grundsätzlich gegeben. 

Eine Videoüberwachung, die auch Teile des Grundstücks des Klägers erfasst, stellt jedenfalls nicht das schonendste Mittel zur Erreichung des Zwecks der Überwachung des eigenen Grundstücks dar.

Der klagende Nachbar war erfolgreich. Der OGH sprach die überwachende Nachbarin schuldig es künftig zu unterlassen, mittels Videokamera Haus und Gartenbereich zu filmen bzw. den Eindruck einer derartigen Tätigkeit mittels Attrappen von Videokameras zu erwecken. 

(OGH 21.03.2018, 3Ob195/17y)