In einer aktuellen Entscheidung zum Mietrecht entschied der Oberste Gerichtshof (OGH), dass der Vermieter dafür einzustehen hat, dass eine Wohnung in ortsüblicher Weise zu Wohnzwecken genutzt werden dürfe und nutzbar sei. Mit dem Auftreten von Schimmelbildung müsse der Mieter weder bei Beginn des Mietverhältnisses noch im Laufe der Zeit rechnen.

Dass die Feuchtigkeitsbildung auf „interne feuchte Quellen“ (Atmung, Waschen, Kochen, Aufstellen von Pflanzen) zurückzuführen sei, sage nichts über ein Fehlverhalten der Mieter aus, der zu einer üblichen Nutzung berechtigt sei. Ein Mieter könne laut OGH daher auch erwarten, dass ein durchschnittliches Lüftungsverhalten reiche. Könne Schimmelbildung nicht mit einem normalen Lüftungsverhalten verhindert werden, sei dies daher dem Vermieter, nicht dem Mieter zuzurechnen.

Der Sachverhalt

Im Sommer 2017 zog die Familie mit ihren beiden Kindern (4 und 7 Jahre alt) in die Wohnung ein. Bereits im Winter 2012/2013 begann sich Kondenswasser im Bereich der Dachfenster zu bilden sowie um die Fenster Schimmel. Weder die von der Vermieterin aufgestellten Trocknungsgeräte noch der Tausch der Fenster bewirkten eine wesentliche Besserung. Die Familie minderte daraufhin ihren Mietzins ab März 2014 um 30% und ab Dezember 2014 um 60%. Die Vermieterin bestand weiterhin auf die volle Miete und brachte eine Räumungsklage ein.

Der Mietvertrag enthielt folgende Klausel: „Das Aufhängen der Wäsche ist nur in den dafür vorgesehenen Räumen gestattet. In den übrigen Kellerräumen sowie in der Wohnung ist das Aufhängen von Wäsche zum Trocknen nicht gestattet.“

Die Vermieterin argumentierte im Verfahren, dass die Raumfeuchtigkeit auf ein vollkommen falsches Lüftungsverhalten der Familie zurückzuführen sei. Durch das falsche Nutzungsverhalten, unrichtiges Lüften und Aufhängen von Wäsche zum Trocknen in der Wohnung sei es zu einem Anstieg der Raumfeuchtigkeit gekommen.

Baumängel vs. falsches Lüftungsverhalten

Die Mieter bestritten und wendeten ein, dass der Schimmel auf Baumängel zurückzuführen sei. Im Verfahren stellte der bestellte Sachverständige fest, dass auch durch täglich siebenmaliges Querlüften Schimmelbildungen an neuralgischen Wärmebrücken nicht gänzlich auszuschließen und baulich bedingt seien. Das Erstgericht wie auch das Berufungsgericht gingen von einer berechtigten Mietzinsminderung von lediglich 15% aus; damit hätte die Familie über 9.000 Euro an die Vermieterin zahlen müssen. Der OGH hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf.

Grundsätzliches zur Mietzinsminderung

Nach § 1096 Abs 1 zweiter Satz ABGB wird der Bestandnehmer für die Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts von der Entrichtung des Zinses befreit, wenn das Bestandobjekt bei der Übergabe derart mangelhaft ist oder es während der Bestandzeit ohne Schuld des Übernehmers derart mangelhaft wird, dass es zu dem bedungenen Gebrauch nicht taugt. Die Zinsminderung tritt kraft Gesetzes und ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Bestandgebers ein. Der Anspruch besteht ab Beginn der Unbrauchbarkeit bzw Gebrauchsbeeinträchtigung bis zu deren Behebung.

Das Ausmaß der Zinsminderung richtet sich nach Grad und Dauer der Beeinträchtigung.

Keine Mietzinsminderung steht dagegen zu, wenn die Gebrauchsbeeinträchtigung vom Bestandnehmer zu vertreten ist, soweit er den Mangel selbst verursacht hat. Sein etwaiges Allein- oder Mitverschulden an der Gebrauchsminderung ist entsprechend zu berücksichtigen. Bei Ausmessung der Mietzinsminderung sind die jeweiligen Anteile an der Mängelentstehung zu berücksichtigen.

Schimmelbildung trotz normalem Lüftungsverhalten

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Mieter mit dem Auftreten von Schimmelbildung in zum Wohnen gewidmeten Räumlichkeiten weder bei Beginn des Mietverhältnisses noch im Laufe der Zeit zu rechnen braucht. Schimmelbildung kann, wenngleich je nach Art und Ausmaß, so doch, wenn sie nicht bloß oberflächlich ist, sogar gesundheitliche Nachteile nach sich ziehen. Es ist grundsätzlich  davon auszugehen, dass Schimmel der (mittleren) Brauchbarkeit entgegensteht.

Kann Schimmelbildung nicht mit einem normalen Lüftungsverhalten verhindert werden, ist dies daher dem Vermieter, nicht dem Mieter zuzurechnen.

Dass die Feuchtigkeitsbildung auf „interne feuchte Quellen“ (darunter ist nach dem Gutachten Atmung, Waschen, Kochen, Aufstellen von Pflanzen zu verstehen) zurückzuführen ist, ist bei normalem Wohnverhalten unvermeidbar und sagt nichts über ein Fehlverhalten der Mieter aus, sondern nur, dass nicht Baumängel, wie beispielsweise eine Durchfeuchtung des Mauerwerks, zur Feuchtigkeitsbildung beigetragen hat.

OGH: Übliche Nutzung

Wird ein Objekt zu Wohnzwecken vermietet, hat der Vermieter dafür einzustehen, dass es in ortsüblicher Weise auch dafür genutzt werden darf und nutzbar ist. Bei der wie ausgeführt üblicherweise anzunehmenden, durchschnittlichen Brauchbarkeit eines als Wohnung vermieteten Bestandobjekts wird der Mieter daher auch erwarten können, dass mit einem durchschnittlichen Lüften das Auslangen gefunden werden kann. Ist ein darüber hinausgehendes Lüftungsverhalten erforderlich, um Schimmelbildung zu verhindern, wird in der Regel davon auszugehen sein, dass dies an der Beschaffenheit des Bestandobjekts, nicht am normalen Wohnverhalten des Bestandnehmers liegt.

Der OGH merkte an, dass ein siebenmaliges Lüften in der Regel nicht zumutbar sein wird, insbesondere nicht während der Wintermonate, während der Schlafphase und auch nicht während des gesamten Kochvorganges. Zu einer gewöhnlichen Nutzung eines Bestandobjekts gehört auch das Aufhängen von Wäsche zum Trocknen.

OGH 8 Ob 34/17 h, 28.09.2017

 

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